Anas aus Damaskus: Hobbykoch, Schneider, Familienvater

Familie Almawat (Mutter Bushra,  Vater Anas und zwei  Kinder) kamen  2015 von Heidelberg  in die gerade neu errichtete Unterkunft in Aldingen in der Neckarkanalstraße. Anas sagt uns.  „Das war wie eine neue Geburt, so glücklich waren wir.“

Dabei hatte alles so gut angefangen.

Nach der 9 jährigen Schule hatte Anas zunächst bei seinem Vater  ein  Jahr als Schreiner gearbeitet, danach 3 Jahre Schneider gelernt. Dies gefiel ihm so gut, dass er eine eigene Schneiderei  eröffnete.  Im Lauf der Zeit erweiterte er seinen Betrieb  und stellte zusammen mit 15 Angestellten  schließlich  Sportkleidung  selbst her.  Somit hatte er ein gutes Auskommen.  Er heiratete, Seine Frau Bushra studierte an der Universität und unterrichtete an einer privaten Grundschule. Sie plante auch eine Doktorarbeit zu schreiben.  Aber:  Eine Woche  nach der Geburt des zweiten Kindes schlugen Bomben in der Schneiderei  und in unmittelbarer Nachbarschaft zur Wohnung ein.  11 Nachbarn starben, weitere wurden verletzt. Dies gab letztlich den Ausschlag, dass die Familie beschloss,  aus Syrien zu fliehen.

Die Flucht war schwer und teuer. Aber: Wie war es für die Familie nach Deutschland zu kommen und was ist hier anders?

 Anas erinnert sich: am wichtigsten für die Familie war die Sicherheit. Endlich keine Angst mehr um die Familie und sich haben zu müssen.  Nach einem kurzen Aufenthalt in Heidelberg zur Erfassung der Daten kam die Familie nach Remseck. Anas betont: „Alle Menschen hier in Remseck waren sehr freundlich  zu uns und halfen. Wir haben keinen Rassismus erlebt.“ Einen großen Dank spricht er den Ehrenamtlichen des Arbeitskreises Asyl aus. Vor allem Kurt Staible, der mit Anas zusammen andere Geflüchtete mit notwendigen Haushaltsgegenständen  ausstattete und auch bei Umzügen und mit Möbeln half, ist er sehr dankbar. „Da habe ich viel gelernt und konnte helfen“. Außerdem lobt  Anas   den „besten Deutschlehrer“, den er je hatte; Olaf Thumann.   „Es war toll im Haus der Bürger mit Olaf Deutsch zu lernen. Er war ein besserer Deutschlehrer als andere. Außerdem hatten wir so untereinander guten Kontakt. Hier habe ich am meisten gelernt. 2015 war das beste Jahr für meine Familie.“

Er wollte arbeiten. Trotz schlechten Deutschkenntnissen  fragte er  sich durch und bot  immer wieder an zu arbeiten. So sprach Anas mehr  Deutsch und  verlor die Angst davor, Fehler zu machen Er hat inzwischen die B1 Prüfung bestanden, ist aber nicht zufrieden. „Deutsch ist das größte Hindernis. Ich kann arbeiten, ich kann auch reden, aber nicht alles sagen, was ich möchte. “

Seit neuestem engagiert sich Anas in der Geflüchtetengruppe „Bassma“. Dies ist eine  syrische Gruppe, die sich ehrenamtlich und sozial engagiert und sich zum Ziel gesetzt hat, „gute Spuren“ in der Gesellschaft zu hinterlassen. „Seitdem ich in Syrien  viel Leid miterlebt habe,  wollte ich  anderen Leuten helfen. Deutschland hat mir viel gegeben, es war das einzige Land, das uns Syrer sehr gut aufgenommen und behandelt hat. Ich möchte deshalb einerseits andere Geflüchtete unterstützen aber auch den Deutschen  Dankbarkeit zeigen und ihnen helfen. Wir wollen auch zeigen, dass wir keine Belastung für Deutschland sind. Wir wollen nicht zuhause sitzen und Geld bekommen. Wir Syrer sind sehr fleißig, ich habe mein ganzes Leben über gearbeitet. Wir wollen in und für Deutschland  etwas leisten und zum Allgemeinwohl beitragen.“

Anas‘  Hobby ist das Kochen. Deshalb ist auch sein größter Wunsch für die Zukunft klar: sein Traum ist es,  ein Restaurant mit syrischen Spezialitäten zu eröffnen.

Deshalb freut es ihn sehr, dass seine Bewerbung auf eine Stelle in der Mensa des Lise-Meitner-Gymnasiums Erfolg hatte.  Hier kann er die deutsche Küche, die  Abläufe einer Großküche, die Regeln und Gesetze zum Umgang mit Lebensmitteln kennen lernen und sich damit vertraut machen.  Außerdem arbeitet er gern mit anderen zusammen, in dem Fall sind es fast ausschließlich Frauen, was ihm viel Spaß macht.

Als wir ihn fragen, was er in Deutschland am meisten liebt, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen:  Am meisten liebt er seine Frau und „Mercedes“. Denn das ist einfach ein super tolles Auto! Seine Frau hat als erste syrische Frau unter den Geflüchteten auch schon den Führerschein gemacht!     

Sein Rat an andere Geflüchtete ist auch klar: „Sie sollen nicht zu Hause sitzen und warten, bis  sie anerkannt werden oder  eine Entscheidung über sie getroffen wird. Wichtig ist, selbst etwas zu tun. Selbst einen Sprachkurs suchen, Deutsch lernen, eine Arbeit suchen. Die Arbeit, die ich jetzt habe ist mir nicht „von der Decke aus zugeflogen“, ich habe selbst viel gemacht und trotz schlechtem Deutsch einfach einmal angefangen“.

Wir bedanken uns für das Interview, die sehr guten Falafel während der Bewirtung in der Vereinshütte und wünschen ihm und seiner inzwischen 5 köpfigen Familie alles Gute!

 

Der Artikel wurde am 26. September 2019 im Amtsblatt veröffentlicht.

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